It’s coming on Christmas…

Halbzeit. Kurz vor der Abreise nutze ich die Gelegenheit, ein kurzes Zwischenresümee zu ziehen und hab endlich Zeit, alle noch ausstehenden Artikel hochzuladen. Die Stadt gefällt mir nach wie vor sehr gut, ich fühle mich hier wohl, bin nur ein wenig traurig, das bereits jetzt einige lieb gewonnene Freunde ihr ERASMUS-Semester beenden und ich bei manchen ziemlich sicher bin, dass ich sie nicht wieder sehen werde, aber mai dire mai – man soll nie nie sagen. Meine Sprachkenntnisse haben sich doch verbessert, so dass ich mich immerhin länger unterhalten kann, auch wenn natürlich viele Vokabeln fehlen und ich vermutlich viele Fehler mache. Ich wohne immer noch alleine und immer noch in Centocelle. Vielleicht sollte ich den Artikel auch anders beginnen:

Centocelle – pericoloso? Laut Blogstatistik ist das der häufigste Suchbegriff über den andere User auf meine Seite gelangen. Die meisten dieser User werde ich wohl mit diesem Blog enttäuschen, ich freue mich aber, dass ich mittlerweile über 1100 Zugriffe auf meiner Seite hatte und ein paar Freunde und Bekannte offensichtlich ab und an vorbeischauen. Und wenn ich jetzt noch ein paar reißerische Schlagworte in meine Texte einbaue Sex werden es Britney Colosseo sicher Rom noch Berlusconi Pizza Spaghetti Pasta mehr…

Neulich war ich auf einer Party und als ich mich vorstellte, fragte mein Gegenüber, ob ich aus Centocelle sei. Ich bejahte und er erklärte mir, er habe meinen Blog entdeckt, als er bei Google versucht habe herauszufinden, ob Centocelle gefährlich sei. Meine jetzige Antwort: Dipende, hängt davon ab, wo.

Derrick ist gestorben. Das war auch hier in den Medien zu lesen, denn Derrick wird (oder wurde in den letzten Jahren) hier sehr geschätzt, vielleicht, weil er (wie auch der Song „1-2- Polizei“, der hier sehr erfolgreich war) dem sterotypen Bild von „Deutschtum“ entspricht. Letztes Jahr in Bologna konnte man beispielsweise am Kiosk um die Ecke DVDs über Adolf Hitler und von Derrick kaufen. Sogar Umberto Eco hat einen (sehr lesenswerten) Aufsatz über Derrick verfasst: hier nachzulesen! Joachim Fest schrieb einmal, „den Italienern erschienen die Deutschen wie eine Mischung aus Hitler, Michael Schumacher und Lederhosen“. […] Den Deutschen erscheint der südliche Nachbar als eine Verbindung aus Caprifischern, Mafia und Pavarotti.“ Auch wenn in all diesen Klischees sicher mehr als ein Funke Wahrheit steckt, (ich war tatsächlich schon in einer Pavarottiausstellung und das Thema Mafia ist hier natürlich omnipräsent), bin ich doch sehr froh, die italienische Kultur über Pizza und Pasta hinaus etwas besser kennen zu lernen.

Im Gegenzug bestätigt sich mir immer wieder, dass die Kultur aus Deutschland von den anderen Nationalitäten wirklich nicht besonders wertgeschätzt wird: Ob es die deutsche Küche, (neuere) deutsche Musik oder die Sprache ist, fast immer muss ich meine „Kultur“ verteidigen und erklären, dass die im Ausland bekanntesten deutschen „Kulturgüter“ keinenfalls die besten sind und zumeist auch nicht repräsentativ. Aber warum gibt es hier nicht Tatort, sondern Derrick? Warum nur Tokio Hotel und nicht die Beatsteaks? Dazu macht mich etwas traurig, dass immer nur bewundernd von DEN „deutschen Tugenden“ gesprochen wird (etwa Pünktlichkeit und stets akkurates Arbeiten), die mir selbst vergleichsweise wenig bedeuten. Andererseits ist es auch spannend, zu sehen, wie sich die beiden Kulturen vermischen. Das lässt sich meiner Meinung nach besonders gut am Beispiel der Pizza zeigen: Die Italiener würden NIE so etwas wie Pizza Hawaii essen – die Vorstellung eines süß-sauren Belags erscheint ihnen absolut abwegig. Es handelt sich hierbei bei der deutschen „Pizza“ also vielfach um ein pseudoitalienisches Produkt, das hier gar nicht existiert – ich liebe es trotzdem. Etwas hier sehr verbreitetes „Deutschen“ sind hingegen „Würstel“ (bzw. „Wurstel“). In Deutschland würde man jedoch nie auf die Idee kommen, Pizza mit Wurst zu essen, was in Italien wiederum durchaus verbreitet ist.

Ansonsten hat mir Anna vor meiner Abreise erklärt, dass man im Ausland die Relativität der eigenen Kultur begreift. Stimmt! Es funktioniert hier eben auch ohne Busplan. Natürlich nicht immer. Aber die Gelassenheit der Italiener, wenn der Bus dann eben mal nicht kommt, ist etwas, was ich gerne mit nach Hause nehmen würde. Zudem bin ich als Deutscher hier fast immer noch zu früh, früh oder gerade noch pünktlich, das gefällt mir, eine gute Kombination! Abschließend kann ich noch sagen, dass ich hier auch einiges „Deutsches“ wertschätzen gelernt habe. Das deutsche Brot etwa bleibt ungeschlagen. Und auch Weihnachten können die Deutschen besser. Wer will schon blau-blinkende Straßenbeleuchtung? Frohe Weihnachten a tutti und Danke denjenigen, die sich das hier wirklich durchlesen!

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